Resilienz für’s Klassenzimmer

Für Lehrkräfte kann der Alltag im Klassenzimmer schnell stressig werden: Zwischen wachsenden Anforderungen, vollen Klassenzimmern und unterschiedlichen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler kommt der Ausgleich für Lehrende oft zu kurz. Erfahren Sie hier, wie Sie Ihre Achtsamkeit stärken können, um innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers resilienter zu werden.

Im Klassenzimmer geht es rund: Bei lautem Durcheinandergerede und Zettelchen mit kleinen Botschaften, die von links nach recht geschoben werden, kann es schon einmal passieren, dass Sie hin und wieder den Faden verlieren. Der Lehrberuf ist erfüllend und herausfordernd zugleich, denn neben dem zu vermittelnden Lehrstoff gilt es die jungen Erwachsenen auf die Welt und das Leben vorzubereiten. Sie individuell in ihrer Entwicklung zu unterstützen kann eine spannende und fordernde Aufgabe sein. Hinzu kommen überfüllte Klassenzimmer und Lehrkräftemangel, welche die Situation in vielen Schulen zukünftig noch weiter verschärfen werden, wie der Verband für Erziehung und Bildung prognostiziert.¹
 
Während der Druck auf Lehrkräfte also wächst, fragen Sie sich möglicherweise, wie Sie mit den steigenden Anforderungen umgehen sollen und gleichzeitig die Ruhe bewahren können, um mit pädagogischem Einfühlungsvermögen für Ihre Schülerinnen und Schüler da zu sein. Die Antwort lautet Resilienz, also eine Widerstandsfähigkeit, die Sie durch innere und äußere Ressourcen stärken können.

Resilienz ist die mentale Anpassungsfähigkeit an neue, ungewohnte oder auch schwierige Situationen, die mit Gelassenheit und Lösungsorientiertheit einhergeht. Die flexible Reaktionsfähigkeit wird vor allem von persönlichen Bewältigungsstrategien, dem eigenen Selbsterleben sowie der Qualität der persönlichen Beziehungen geprägt.² Sie kann vor Burnout und übermäßigem Stress schützen und Ihnen zu mehr Lebensfreude verhelfen.³

So stärken Sie Ihre Resilienz:

1. Üben Sie sich in Achtsamkeit und Dankbarkeit: Unsere Gehirne sind so aufgebaut, dass ihnen vor allem das Negative in Erinnerung bleibt.⁴ Deshalb lohnt es sich, die positiven Momente und Dinge in Ihrem Leben aktiv hervorheben. Versuchen Sie Ihre Umgebung, Ihr Essen und kleine Freuden ganz bewusst wahrzunehmen und halten Sie Ihre Eindrücke z.B. am Abend in einem Dankbarkeitstagebuch fest. Wie eine Studie der University of Berkeley feststellte, konnten Probandinnen und Probanden, die ihre Dankbarkeit verschriftlichten, bereits nach wenigen Wochen positive Veränderungen ihrer mentalen Gesundheit wahrnehmen.⁵
2. Stärken Sie Ihr Grundvertrauen und den Glauben an Ihre Fähigkeiten: Auch wenn es manchmal nicht so scheinen mag, können Sie auf Ihre Fähigkeiten vertrauen. Schreiben Sie sich dafür die Dinge auf, die Sie besonders gut können – z.B. einfühlsam auf Ihre Schülerinnen und Schüler eingehen oder Sachverhalte anschaulich erklären. Am besten können Sie dies an einigen Beispielen festmachen, um sich dieses Gefühl des Grundvertrauens besser in Erinnerung zu rufen. Tragen Sie Ihre Fähigkeitenliste bei sich, um sich auch in verunsichernden Situationen an Ihre Stärken zu erinnern. Dies wird Ihre Achtsamkeit für jene Momente schärfen, in denen Sie einen super Job machen.
3. Finden Sie Ihre Kraftquellen: Gerade in stressigen Umgebungen wie einer Schule ist eine ausgeglichene Work-Life-Balance wichtig, um neue Kraft zu schöpfen, z.B. in der Natur, beim Malen oder bei einer Fahrradtour mit der Familie. Vor allem die Natur bietet sich als Ressource zum Auftanken der Lebensfreude an. Sie ist für alle zugänglich und wirkt sich Studien zufolge positiv auf unsere Stressverarbeitung, Produktivität und Konzentration aus.⁶ Dies lässt Sie Ihre Achtsamkeit aktiv auf Ihre unmittelbare Umgebung und Dinge wie die sich ändernden Jahreszeiten, ein plätschern in der Ferne oder den Wind in Ihren Haaren richten und so Ihre inneren Ressourcen aufladen.
4. Stärken Sie Ihr soziales Netzwerk: Ihre Beziehungen zu Freundinnen, Freunden und Familie sind ein großartiger Ankerpunkt für Gelassenheit und Resilienz. Wichtig ist dabei vor allem die Qualität der Beziehungen. Versuchen Sie sich also mit Menschen zu umgeben, von denen Sie sich gehört, verstanden und aufgefangen fühlen. Hier können Sie ganz Sie selbst sein und sich gegenseitig Kraft und Umarmungen schenken.

Unsere Gedanken beeinflussen unsere Wahrnehmung, unsere Stimmung und Reaktionen; kurz: sie formen unsere individuelle Realität. Diese kann bei emotionalem Stress und erhöhtem Lautstärkepegel schon einmal von der Traumvorstellung des Lehrberufs abweichen. Doch mit konsistenter Übung können Sie Ihre eigene Wahrnehmung und mentale Gesundheit ohne viel Aufwand langfristig stärken.
 
Vor allem Achtsamkeitsübungen zeigen große Wirkung in der Stressprävention unter Lehrkräften, wie eine Studie zur Achtsamkeit in der Schule (AISCHU) zeigt.⁷ Achtsamkeit bedeutet, Körper und Geist gemeinsam im Hier und Jetzt und ohne Urteil zu erden – z.B. mittels des Atems oder einem bestimmten Fokuspunkt.⁸ Sie verbessert nicht nur das allgemeine Wohlbefinden, sondern reduziert Stress und wird Ihnen helfen, Ihre eigenen Gedanken und Gefühle zu managen.⁹ Zur Resilienzstärkungen können Sie Ihren Körper außerdem gezielt kleinen Stresssituationen aussetzen. Studien weisen beispielsweise darauf hin, dass schon kurze Kaltwasserbäder die Stressbewältigung unterstützen können.¹⁰

¹https://www.deutschlandfunkkultur.de/lehrermangel-deutschland-100.html Himmelrath A. Lehrkräftemangel - Wer unterrichtet in Zukunft die Kinder? Deutschlandfunk Kultur. Veröffentlicht am 15. März 2022. Aufgerufen am 11. Juli 2023.
²https://www.apa.org/topics/resilience American Psychological Association. Resilience. American Psychological Association. Veröffentlicht im Mai 2022.
³https://doi.org/10.1097/jom.0000000000000914 Shatté A, Perlman A, Smith B, Lynch WD. The Positive Effect of Resilience on Stress and Business Outcomes in Difficult Work Environments. Journal of Occupational and Environmental Medicine. 2017;59(2):135-140
⁴https://greatergood.berkeley.edu/article/item/how_to_overcome_your_brains_fixation_on_bad_things Suttie J. How to Overcome Your Brain’s Fixation on Bad Things. Greater Good. Published January 13, 2020
⁵https://greatergood.berkeley.edu/article/item/how_gratitude_changes_you_and_your_brain Brown J, Wong J. How Gratitude Changes You and Your Brain. Greater Good. Published June 6, 2017.
⁶https://www.mpg.de/19179857/0906-bild-wie-beeinflusst-die-natur-das-gehirn-149835-x Einhorn M. Wie beeinflusst die Natur das Gehirn? Max Planck Gesellschaft. Published September 5, 2022.
⁷https://doi.org/10.1007/s11553-021-00870-9 Kraft J, Kaltwasser V, Kohls N. Achtsamkeit in der Schule (AISCHU) – Evaluation der Weiterbildung für Lehrkräfte zur Stressreduktion. Prävention und Gesundheitsförderung. Online veröffentlicht am 5. Juli 2021.
⁸https://doi.org/10.1016/j.cpr.2011.04.006 Keng SL, Smoski MJ, Robins CJ. Effects of mindfulness on psychological health: A review of empirical studies. Clinical Psychology Review. 2011;31(6):1041-1056.
⁹https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/mathematisch-naturwissenschaftliche-fakultaet/fachbereiche/psychologie/arbeitsbereiche/klinische-psychologie-und-psychotherapie/forschung/abgeschlossene-studien/achtsamkeit-fuer-lehrerinnen-und-lehrer/ Beuchel P. Achtsamkeit für Lehrerinnen und Lehrer | Universität Tübingen. uni-tuebingen.de. Aufgerufen am 11. Juli 2023.
¹⁰https://doi.org/10.1080/22423982.2022.2111789 Espeland D, de Weerd L, Mercer JB. Health effects of voluntary exposure to cold water – a continuing subject of debate. International Journal of Circumpolar Health. 2022;81(1).